Hank Marvin war der Gitarrist der Shadows.
Das Stück Apache erschien 1960 und es änderte schlagartig vieles in meiner und anderer Leute Gitarrenwelt.
Ich bin mir nicht mal sicher, dass ich von Anfang an gewusst habe, dass das melodieführende Instrument eine Gitarre gewesen ist. Jedenfalls hatte ich
einen derartigen metallischen Echoklang noch nie vorher gehört. Das hatte mit unseren Lagerfeuer-Gitarren nichts mehr zu tun. Das Hören kam dabei
auch erstmal lange vor dem Sehen. Ich weiß noch, dass mir damals einer erzählte, dass dieses Stück mit sieben (!) Gitarren gespielt wurde (vermutlich
sollte das dann diesen Echoeffekt erklären). Der sound fesselte mich und viele andere und sollte jahrelang die Grundlage für unsere Gitarrenübereien werden.
Als ich dann zum ersten Mal Hanks Gitarre auf Abbildungen, Plattenhüllen etc. gesehen habe, setzte das noch allem eine Krone auf: er spielte eine Gitarre, die
sich schon äußerlich völlig von unseren Gitarren mit der klassischen Form unterschied. Der Korpus war nicht mehr hohl, sondern flach und massiv. Dort, wo der
Hals in den Korpus überging, hatte diese Gitarre links und rechts zwei merkwürdige Hörner, deren Funktion mir anfänglich nicht klar gewesen ist. Auch die
Kopfplatte war andersartig, nämlich nicht mit je drei Mechaniken zum Saitenstimmen links und rechts, sondern sie hatte eine merkwürdig geschwungene Form
und alle sechs Mechaniken in einer Reihe. Das Logo der Schrift, das sich bald bei mir einprägte, hatte einen merkwürdig andersherum geschriebenen Buchstaben F
der Firma Fender.
Diese Gitarre war eine Fender Stratocaster, die eine der zwei erfolgreichsten E-Gitarren-Typen der Welt werden sollte und heute noch ist.
Klar, dass sich alle Übungen auf allen Gitarren meiner engeren Umgebung mit den Stücken der Shadows beschäftigten und es hier inzwischen auch ein
größeres Interesse an Echo- und Hallgeräten gab.
Zu dem Repertoire, das die meisten West-Berliner Rockbands an Wochenenden in den diversen Bars und Kneipen spielten, gehörten deshalb auch immer
mehrere Stücke von den Shadows und von Cliff Richard, der die Shadows als Begleitband hatte.
Auf den spärlich erscheinenden Abbildungen dieser Band sah man neben den von allen bewunderten Fender-Gitarren auch immer eine bisher unbekannte
Verstärker-Art, die vorn mit einem dunklen Stoff bezogen waren, der ein gartenzaunähnliches Muster zeigte - Vox-Verstärker aus England, die später
bei praktisch allen Beatbands im Hintergrund auftauchten.
Alle meine Ersterfahrungen auf einer Gitarre und die Neugier und die Energie, weiterzumachen und nicht das Handtuch zu werfen trotz schmerzender Finger, verdanke ich Hank Marvin.
Auch wenn man hier und da die Musik von damals belächeln mag - es gibt genug berühmte Gitarristen, die Hank Marvin ähnlich schätzen und es
gibt deshalb wohl auch eine (mindestens eine) Hank Marvin Tribute-CD, auf der diverse Gitarristen jeweils eins seiner damaligen Stücke interpretieren.
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